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Yeondoo Jung,Six Points, 2010 HD-Videoprojektion, 28 Minuten
Foto: ©Yeondoo Jung

„Eigentlich ist das Projekt voller Diskussionen, manche sind eben öffentlich und manche nicht“

31. Oktober 2013

Dr. Christian Esch, Direktor des NRW KULTURsekretariats, über das Projekt „Transfer Korea-NRW“ – Sammlung 11/13

Der „Transfer Korea-NRW“ begann Anfang 2011 mit einer gezielten Recherche. Nach der Auswahl von insgesamt 14 Künstlerinnen und Künstlern aus Südkorea und NRW folgten 2012 umfangreiche Erkundungsreisen und die Residenzen. Während sich die koreanischen Künstler von Mitte August bis Mitte Oktober in Bonn, Düsseldorf und Hagen aufhielten, gastierten die deutschen Teilnehmer von Mitte Oktober bis Mitte Dezember in Seoul. Beteiligt am neunten Transfer seit 1990 sind die Kunsthalle Düsseldorf, das Kunstmuseum Bonn und das Osthaus Museum Hagen; in Seoul das Arko Art Center, der Alternative Space Loop und das National Museum of Contemporary Art.

trailer: Herr Esch, wie groß war der Kulturschock des europäisch-asiatischen Austausches?
Dr. Christian Esch:
Da fragt sich, für wen. Für die Koreaner und für uns wahrscheinlich gleichermaßen nicht so groß. Korea und NRW haben über Kunst schon lange Beziehungen miteinander. Ich rede von Nam June Paik, von Fluxus, von der Düsseldorfer und der Münsteraner Akademie, und man könnte noch vieles andere anführen. Per se war der Schock also nicht groß, auch zwischen den Menschen lief das alles sehr gut. Natürlich ist das unglaubliche Tempo, die Schnelllebigkeit und Veränderung in Korea schon überraschend gewesen, aber auch das war nicht neu: Das haben wir beim Türkei-Transfer auch erlebt. Auch dass Museumsleitung, Verantwortliche und Kuratoren ständig wechseln und man es immer wieder mit neuen Partnern zu tun hat – Kulturschock würde ich das nicht nennen. Das hatte auch etwas Produktives, und ich meine das jetzt nicht als politische Formel, um einen Kulturschock wegzureden – es war eher ein Prozess und Dialog mit mehr Dynamik und ausgesprochener Freundlichkeit.

Jung Seung, Spectacleless complex (essaie 2), 2013, 2000 nohohon toys, mixed media, Foto: ©Jung Seung

Muss man nach Seoul fahren, um einen Gesamteindruck des Transfer Korea zu haben?

Dr. Christian Esch
Foto: Henk Wittinghofer
Nach musikwissenschaftlichem Studium und Promotion sowie einem sechsmonatigen Stipendium am Deutschen Studienzentrum in Venedig veröffentlichte Dr. Christian Esch wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere zu Mozart und Haydn. Lange Jahre wirkte er als Musiktheater- und Schauspieldramaturg, fest und frei, unter anderem in Frankfurt, Innsbruck und München. Er war langjähriger Musikbeirat des Goethe-Instituts und lehrte an verschiedenen Hochschulen (Innsbruck, München, Köln). Seit 2004 ist er Direktor des NRW KULTURsekretariats.

Ja, das sollte man tun, wenn man es kann. Das ist zwar ein bisschen weit, rund 8.000 Kilometer, und das kann ich jetzt nicht jedem Ausstellungsbesucher zumuten. Aber wenn man es wirklich darauf anlegen will, den Transfer in seiner Gesamtheit zu erleben, dann müsste man es tun. Allerdings sind hier in NRW drei verschiedene Ausstellungen mit drei unterschiedlichen Kombinationen von Werken unterschiedlicher Künstler auch geeignet, einen ersten und profunden Eindruck von der Sache zu bekommen. Denn das Projekt ist ein Kunstprojekt und nicht mehr.

Sind das Resultat dieser drei Jahre Residenz in Deutschland diese Ausstellungen, oder haben auch die fünf Diskussionen Wirkung hinterlassen?
Es sind sechs Ausstellungen, drei hier, drei dort. Diese begleitenden Diskussionen haben deutlich gemacht, was im gesamten Prozess und in diesem Transfer eine Rolle spielt. Insofern sind diese Diskussionen auch Seismografen dessen, was man miteinander erlebt und entwickelt hat. Eigentlich ist das Projekt voller Diskussionen, manche sind eben öffentlich und manche nicht. Es gibt Debatten, was ist westliche Kunst, inwieweit kann sie weiterhin diese Maßstäbe setzen und diese Orientierungsfixierung für die anderen beanspruchen. Das ist inzwischen längst nicht mehr so wie noch vor 20, 30 Jahren. Die Frage war auch, mit welchen Maßstäben wir eigentlich koreanische Kunst beurteilen, die vielleicht wie im Falle der Künstlerin Yeesookyung sehr traditionell mit Keramik umgeht. Haben wir da die richtigen Parameter und Kriterien dafür, und wird das umgekehrt von der koreanischen Seite auch so gesehen?

Wie zeitgenössisch ausgeglichen sind die Arbeiten der 14 Teilnehmer?
Was meinen Sie mit „zeitgenössisch ausgeglichen“?

Ich habe mir die Arbeiten angeschaut, und mir ging es so, dass ich – bis auf die eine erwähnte Künstlerin – die Nationalitäten hätte austauschen können.
Also ich glaube, man kann es an bestimmten Dingen doch bemerken. Vielleicht nicht immer, aber doch immer wieder. Wenn ich zum Beispiel daran denke, dass die koreanische Kunst, die wir zum Teil auch in den Ausstellungen sehen, relativ häufig seriell ist, mit vielen einzelnen Bestandteilen, die aneinandergereiht und geschaltet werden. Die Künstler scheinen auch sehr auf Fleiß und die intensive Beschäftigung mit dem Ganzen ausgerichtet. Das kann man vielleicht als einen roten Faden, der allerdings auch nicht durch alle Werke geht, ansehen, was vielleicht das Koreanische ist. Natürlich arbeiten alle mit denselben Medien, denselben oder ähnlichen künstlerischen Zugangsweisen, aber es gibt Unterschiede, die sich auch in den Werken niederschlagen. Man wäre ja auch weit von der Wirklichkeit entfernt, wenn man einen solchen Austausch mit dem Blick darauf machen würde, wie anders die andere Welt ist, und wie wir sind. Das spielt eine Rolle, aber das kann nicht der Ausgangspunkt sein. Nationale Rahmen sind sowieso keine Kategorie mehr für Kunst und Kulturaustausch oder überhaupt für Kunst und Kultur.

Ist denn der Blick auf die Welt insgesamt vielleicht unterschiedlich?
Als wir im März in Seoul waren und Nordkorea die Drohung ausgestoßen hat, da gab es doch bei einzelnen von uns eine große Besorgnis, die sich auch in einer gewissen Nervosität bei dem einen oder anderen widergespiegelt hat. Demgegenüber stand das koreanische Schulterzucken, und die Frage, was die eigentlich hätten. Sie kennen das seit 50 Jahren und haben gar nicht darüber nachgedacht. Eins von vielen Symptomen, wo man sagen kann, da ist die Lebenswirklichkeit eine völlig andere und auch die Praxis, mit der man umgeht. Das spielt durch viele Bereiche durchaus immer wieder eine Rolle, wäre ja auch traurig, wenn es nicht so wäre.

Welche Kunstregion wird nun beim Transfer folgen?
Mit der Frage habe ich jetzt doch schon gerechnet: Das Land steht noch nicht fest, und es steht vor allen Dingen noch nicht fest, ob es ein Land ist. Beim Transfer, wir haben das ja regelmäßig gemacht, mit der Türkei zum ersten Mal unter meiner Leitung war, gab es eine Umorientierung. Nach jedem Transfer subsummiert man Erfahrungen und lernt auch daraus. Das heißt, wie der nächste Transfer aussieht, kristallisiert sich erst noch heraus.

Transfer Korea-NRW I Kunsthalle Düsseldorf I bis 5.1. I 0211 899 62 40

Kunstmuseum Bonn I bis 9.2. I 0228 77 62 60

Osthaus Museum Hagen I bis 12.1. I 02331 207 31 38

INTERVIEW: PETER ORTMANN

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