Wer beim Ausstellungstitel „Der Kampf der Kinder“ an Fridays for Future denkt, ist schief gewickelt. Irritationen und Verschiebungen gehören zum künstlerischen Programm von Gijs Milius. Den Raum im Kunstverein verwandelt der niederländische Künstler mit provisorisch gezimmerten Sperrholzmöbeln in ein unkonventionelles Großraumbüro, in dem die Zeit ein bisschen anders läuft.
Schon bei Eintritt in Milius‘ Welt durch ein eigens eingebautes weißes Tor fällt der Blick auf eine tickende Wanduhr – mit wolkig übermalten Zeigern. Korrespondierend fuchtelt im Monitor auf dem ersten Schreibtisch ein Trickfilmmännchen uhrzeigergleich mit den Armen: Der Künstler hat ein Game programmiert, in dem der User seine Figur vor fallenden Uhren bewahren muss. An einer weiteren Station läuft die Zeit rückwärts wie im Kopfhörer die 1980er-Jahre-Songs aus Milius‘ Kindheit. Auch an anderen Arbeitsplätzen wird nicht gerade wertschöpfend malocht, sondern Familienfotos gesichtet und unspektakuläre Urlaubs- und Straßenvideos angeklickt. Schlichte surreale Gemälde und Alltagsfotos von Parkbänken und Schaufenstern dienen als Wandschmuck. Etwas abseits wird das gebastelte Modell eines leeren mehrstöckigen Hauses präsentiert, Miniatur-Hausmeisterfiguren inklusive.
Architekturbüro oder Gedankengebäude? Keine Frage, Milius hat persönliche Ebenen, Zeit und Raum mit subtilem, auch nostalgischem Witz verklammert und eine stimmige Umgebung geschaffen, in der sinniert und auch gespielt werden darf. Kind bleiben, Regeln brechen und den Erwachsenenalltag ein bisschen gegen den Strich bürsten – vielleicht ist das der Kampf?
Gijs Milius – Der Kampf der Kinder | bis 10.11. | Dortmunder Kunstverein | 0231 57 87 36
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Künstler als Vermittler
Frank van Hemert in der Otmar Alt Stiftung in Hamm-Norddinker – kunst & gut 10/24
„Die jüdische Renaissance ist nicht so bekannt“
Museumsleiterin Kathrin Pieren über „Shtetl – Arayn un Aroys“ im Jüdischen Museum in Dorsten – Sammlung 08/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Kunst und Umgebung
„Produktive Räume“ in Haus Lange Haus Esters in Krefeld – Kunst in NRW 08/23
Kunst kommt zum Publikum
bobiennale vom 11 bis 21. Mai in Bochum – Festival 05/23
Draußen, immer
Ein Skulpturenprojekt in Monheim – Kunst in NRW 02/23
Forschungsstation Zivilisation
Andrea Zittel im Haus Esters Krefeld – Kunst in NRW 12/22
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24