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Jankel Adler, Der Künstler, 1927, French & Company, New York
© VG Bild-Kunst Bonn, 2017

„Jankel Adler hat im Zentrum der Moderne gestanden“

21. Dezember 2017

Gerhard Finckh über das neue Jahr im Wuppertaler Von der Heydt-Museum – Sammlung 01/18

trailer: Herr Finckh, im April zeigen Sie im Von der Heydt-Museum den polnischen Maler Jankel Adler. Sind wir ehrlich: Der Name ist erstmal kein Publikumsmagnet, oder?
Gerhard Finckh: Aber der Künstler ist hochspannend. Denn Jankel Adler hat im Zentrum der Moderne gestanden. Er war eng befreundet mit Paul Klee, er kannte Otto Dix gut, er kannte Picasso, auch Chagall. Das ist sein Umkreis. Und was macht ihn selbst zu einem interessanten Künstler? Wenn man sich die Werke anschaut, merkt man, dass auch er ein enormer Erneuerer der Kunst war, ein absoluter Avantgardist. Das brachte uns dazu, dass wir ihn zeigen wollten.

Ursache ist aber sicherlich auch, dass er eine ganze Zeit in Wuppertal-Barmen gelebt hat?
Richtig. Er kommt ja eigentlich aus dem polnischen Lodz und erst auf verschlungenen Wegen nach Wuppertal-Barmen. Hier wird er Schüler von Gustav Wiethüchter. Das ist für uns ein interessanter Punkt, denn wir haben ja einen Teil des Nachlasses von Wiethüchter, der für die Region zwischen 1900 und 1920 eine sehr prägende Künstlerpersönlichkeit war. Bei ihm lernt Jankel Adler und geht dann weiter nach Düsseldorf, trifft dort auf politische Kreise. Das ist so der Kreis um die Zeitschrift „Die Aktion“ von Franz Pfemfert, aber auch andere Zeitschriften spielen da eine Rolle, wie „Der Sturm“. Da trifft er auf die Künstlergruppe „Das junge Rheinland“ und auf alle möglichen Leute wie Mutter Ey, also das Zentrum der Avantgarde in den 1920er Jahren. Da mischt der Jankel Adler richtig mit.

Gerhard Finckh
Foto: Gunter Lintl
Zur Person

Gerhard Finckh ist seit 2006 ist er Direktor des Von der Heydt-Museums im Wuppertal. Bei München geboren, studierte er dort Kunstgeschichte und Bayerische Geschichte. Er war auch Direktor der Kunsthalle in Emden und Ausstellungsleiter am Folkwang Museum Essen, danach Direktor des Museums Schloss Morsbroich in Leverkusen.


Wenn man an die Avantgarde in dieser Zeit denkt, fragt man sich, ob das Echte, Anarchische nicht längst aus der Kunst verschwunden ist? Er war auf jeden Fall einer, der viel Anarchie in die Kunst getragen hat.
Das gibt es heute schon auch noch. Es gibt immer Künstler, die versuchen, die Welt gegen den Strich zu bürsten und sehr politische Künstler sind. Die tauchen nicht immer da auf, wo wir sie erwarten, wie beispielsweise auf der Documenta, sondern meist in anderen Ausstellungen und Bereichen. Aber es gibt immer noch Künstler, die uns was zu sagen haben. So wie Jankel Adler damals.

Wen zeigen Sie flankierend in der Ausstellung, es heißt ja „Der Revolutionär und die Avantgarde des 20. Jahrhunderts“?
Also vier Namen hatte ich ja schon genannt. Wir haben zum Selbstporträt von Jankel Adler unser Selbstporträt von Otto Dix. Wenn man die beiden nebeneinander hält, dann sieht man erstmal, was das für Typen waren. Ich würde jetzt ungern von Machos sprechen, aber das sind eben Typen. Man sieht aber auf der anderen Seite Bilder von Chagall, und wenn man das mit Jankel Adler vergleicht, merkt man, wie verträumt beide auch waren. Dann haben wir einen Vergleich mit Paul Klee. Der war ja quasi Ateliernachbar in Düsseldorf. Man sieht sehr schön, wie Adler ähnlich strukturell arbeitet mit Rastern, mit Motiven, mit rechteckigen Flächen, die sich sphärisch nach hinten weg krümmen. Das gibt es bei Jankel Adler genauso wie bei Klee. Später emigriert er dann nach Paris und man sieht dann ganz deutlich, wie der Einfluss von Picasso auf ihn stattfindet. Umgekehrt – als er dann später nach England weiteremigriert, mit seiner Kenntnis der Kunst des Festlands – beeinflusst er die Künstler in England sehr stark. Also er wird einer der Vorreiter der Kunst in England und beeinflusst gerade auch jüngere Künstler.

Junge Kunst kommt in Wuppertal in die Barmener Kunsthalle, dort sehen wir ab Ende Februar Driss Ouadahi – ist das zeitgenössischer Afrotech?
Das ist aber ein schickes Wort. Ja, es geht um die Kunst Nordafrikas. Die Anrainerstaaten des Mittelmeers sozusagen. Die Frage ist, was kommt eigentlich von da. Und da ist Driss Ouadahi einer, der ganz wichtig ist. Da sind wir noch nicht ganz am Ende mit der Ausstellung, die muss erst noch richtig gebaut werden. Driss Ouadahi bildet das Zentrum, ein Künstler, der sich auch wieder sehr stark mit Strukturen beschäftigt. Bei ihm geht es um Raster, Raster von Hochhäusern. Wenn man davor steht, dann sieht man die Genormtheit der Fenster, aber wenn man das Raster es in die Fläche legt, dann hat man auch die Genormtheit von einem Flüchtlingslager, wo die Zelte hintereinander stehen. Insofern ist dies ein sehr spannender, ein durchaus auch politischer Künstler.

Außerdem gibt es viel Fotografie in der Kunsthalle 2018. Auch ein Reflex auf die privaten Bildermassen, die uns seit der Digitalisierung die Blicke verkleistern?
Nein. Wir reagieren mit unseren Ausstellungen eigentlich weniger auf das, was uns stört, sondern wir suchen immer nach positiven Beispielen. Wir haben da Thomas Wrede mit seiner Fotografie, die etwas sehr Besonderes ist und im Herbst dann Bogomir Ecker, der noch anders mit Fotografie umgeht. Der ist von Haus aus Bildhauer, aber wir wollen ihn nicht nur als Sammler von Fotografien zeigen, sondern auch mit seinen bildhauerischen Arbeiten. Bei ihm ist es ja so, dass er die Fotografien, die er sammelt, zusammenfügt zu Tableaus, zu Quadratmeter großen Collagen – das ist das Eine in seinem Werk, dieses Zusammenstellen von Dingen, die einander ergänzen oder einander widersprechen. Das andere sind seine eigenen Skulpturen, die wir dann mit ausstellen.

Was ist Ihr Highlight des Jahres 2018?
Das ist natürlich die Ausstellung, die ich selber mache. (lacht) Die anderen machen ja die Kuratorinnen, ich arbeite da zwar mit, aber das machen schon die Kuratorinnen. Ich selber mache eine Ausstellung, die heißt „Aufbruch in die Freiheit“. Da geht es um die Zeit der Aufklärung in Frankreich. Und das ist etwas, was mir sehr viel Freude macht. Ich wollte mich immer schon mit dem 18.Jahrhundert beschäftigen. Seit ich Kunstgeschichte studiert habe, hat mich das fasziniert und ich bin mein ganzes Leben nicht dazu gekommen. Aber jetzt endlich kann ich es machen. 

Jankel Adler – Der Revolutionär und die Avantgarde des 20. Jahrhunderts | ab 14.4. | Von der Heydt-Museum, Wuppertal | www.vdh.netgate1.net

INTERVIEW: PETER ORTMANN

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