Die neue Ausstellung im Emil Schumacher Museum liefert einen besonderen Blick auf den aus Hagen stammenden Künstler, und das weitgehend mit kleinformatigen druckgrafischen Blättern. Emil Schumacher (1912-1999) wird vor allem zwischen abstraktem Expressionismus und der Kunst des Informel verortet. Er ist bekannt mit materialbetonten, brodelnd schründigen Gemälden, in denen breite schwarze Linien das Bildgeschehen queren, die aber bei aller gestisch-spontanen Freiheit den Bezug zu Landschaft und Natur bewahren. Aber bis in die Nachkriegsjahre hat Schumacher gegenständlich und auf die Fläche bezogen gemalt.
Und dass er sich auch der Figur, auch im kleinen Format und in schwarzweiß, zugewandt hat, zeigt nun die Ausstellung zum mesopotamischen Gilgamesch-Epos: der ältesten Erzählung der Menschheitsgeschichte, die, überliefert in Keilschrift, unsere großen existenziellen Themen behandelt. Schumacher hat dazu 1948 und 1950 Holzschnitte geschaffen, die jetzt, flankiert von seinen Gemälden und einer Tontafel aus Ninive (7. Jh.v.Chr.), gemeinsam mit der in etwa zeitgleich entstandenen Folge von Lithographien von Willi Baumeister vorgestellt werden. Wie Schumacher ist Baumeister (1889-1955) einer der Helden der abstrakten Kunst Mitte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Baumeister ist etabliert mit zeichenhaften vegetativen Strukturen, die aus dem Unterbewusstsein genommen scheinen. In seinen Lithographien zu Gilgamesch platziert er die Figur als Strichzeichnung im Mittelgrund, umfangen von peripheren Handlungs- und Formereignissen. Schumacher hingegen strebt nach einer Direktheit, die noch mit Plastizität einhergeht. Die Figuren sind oft fomatfüllend nach vorne gerückt, Schumacher bleibt also ganz auf das Wesentliche konzentriert. Und doch: Das Interesse an den materiellen Spuren des Holzschnitts, die Hinwendung zur dunklen, geschlossenen Fläche und die Präsenz des Gestus sowie die dramatische, hier expressiv vermittelte Thematik weisen schon deutlich auf seine künftige Malerei. Eine in vielerlei Hinsicht aussagekräftige, wichtige Ausstellung also.
„Gilgamesch“ | bis 26.2. | Emil Schumacher Museum Hagen | www.esmh.de
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