Nein, das ist keine Tulpe. Was man beim Blick durch die Schaufenster in den hell ausgeleuchteten Ausstellungsraum als Frühlingsblume in einer Glasvase auf weißem Sockel liest, entpuppt sich von Nahem als lässig aus der grünen Plastikverpackung gepellter Harnkatheter. Auch die vier beigen Wandbilder mit floral anmutenden, fast symmetrischen Motiven zeigen keine klassische Malerei, sondern mit transparenter Acrylfarbe übermalte weiße T-Shirts, die quadratischen Holzplatten aufgezogen wurden.
Keith Farquahar verwendet häufig Alltagsobjekte und Kleidungsstücke als Material für seine Bildwerke und Installationen. In der ersten institutionellen Einzelausstellung des Künstlers aus Edinburgh in Deutschland verbinden sich alle Einzelelemente im Raum zu einem Gesamtbild. Selbst die Sockel sind nicht nur Träger von Werken, sondern autonome Bestandteile mit plastischem Eigenwert. In der dekorativen Wirkung schwingt von Anfang an eine gewisse Irritation mit. Die Arbeiten tangieren einen geradezu körperlich, was sicher auch daher rührt, dass die Ausgangsmaterialien in Zusammenhang mit Körperlichkeit stehen. Unterleib, Rumpf, Kopf: Zu Harnkathetern und T-Shirts gesellen sich noch Fahrradhelme, die Farquhar bis auf die schwarze Grundierung abschmirgelte und mittels Kabelbindern zu einer molekülkettenartigen Girlande verknüpfte – wie ein überdimensionaler DNA-Strang. Sowieso haben alle Arbeiten etwas Biomorphes. Dabei sind sie hintergründig und doppelbödig, zugleich nicht ohne Witz. Und auch der Ausstellungstitel „Coders reuse us“ spielt als Anagramm von „Used Resources“ ein Rückübersetzungsspiel. Sehenswert!
Keith Farquhar – Coders reuse us | voraussichtlich geschlossen bis 19.4. | NEK. Neuer Essener Kunstverein | 0176 20 50 11 84
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Künstler als Vermittler
Frank van Hemert in der Otmar Alt Stiftung in Hamm-Norddinker – kunst & gut 10/24
„Die jüdische Renaissance ist nicht so bekannt“
Museumsleiterin Kathrin Pieren über „Shtetl – Arayn un Aroys“ im Jüdischen Museum in Dorsten – Sammlung 08/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Kunst und Umgebung
„Produktive Räume“ in Haus Lange Haus Esters in Krefeld – Kunst in NRW 08/23
Kunst kommt zum Publikum
bobiennale vom 11 bis 21. Mai in Bochum – Festival 05/23
Draußen, immer
Ein Skulpturenprojekt in Monheim – Kunst in NRW 02/23
Forschungsstation Zivilisation
Andrea Zittel im Haus Esters Krefeld – Kunst in NRW 12/22
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24