Eigentlich ist das alles kaum zu glauben: Der Franzose François Morellet arbeitete 1963 erstmals mit Neonröhren als künstlerischem Ausdrucksmittel. Dieses Material entsprach damals seiner Vorstellung von Geradlinigkeit und Präzision und er widersprach damit bewusst der damals noch herrschenden Meinung: Abbild nur mit Hilfe eines Pinselduktus‘. Geometrische Abstraktion, Abstrakte Kunst, das war schon en vogue, aber Neon hatte eigentlich den Geruch des Dada. Morellet treibt immer mehr der experimentellen Kunst zu und wird in den 1960ern Mitglied der GRAV, einer Gruppe von Künstlern, die die Möglichkeiten der visuellen Kunst wissenschaftlich experimentell erforschen wollten. Anlässlich seines 90. Geburtstags würdigt die Galerie m in Bochum das Werk mit einer Einzelausstellung – es ist die zehnte seit dem Beginn der Zusammenarbeit 1970 und zeigt neue Neonarbeiten der letzten Jahre, unter anderem die großformatigen Eckinstallationen „Triple X neonly“ und auch „Cercle à demi libéré n°2“. Ein Werkkomplex von Morellet, der auch im öffentlichen Raum präsent ist. Seine blau leuchtende „Skyline“ teilt seit 2009 die Fassade des Kunstmuseum Bochum.
Aber die enorme skulpturale Wirkung zeigt sich gerade in den großformatigen Werken der Ausstellung. Mit den Leuchtstoffröhren „zeichnet“ Morellet geometrische Elemente wie Geraden oder Kreisbögen in den Raum. Die sechs, jeweils 450 cm langen blauen Neonröhren von „Triple X neonly“ (2012) entwickeln ein leuchtendes Gitter, das sich je nach Standpunkt zu einem mehr oder weniger geordneten Liniengeflecht verdichtet. Aber Morellet arbeitet auch mit dem rechteckigen Bildträger und der Linie, so besteht „Trop plein n°1“ (2013) aus zwei Leinwänden, auf denen jeweils eine blaue Argonröhre fixiert ist. In „Cercle à demi libéré n°2“ (2015) seiner jüngsten Arbeit, die in der Galerie gezeigt wird, löst Morellet die geschlossene, ruhige Form des Kreises zugunsten eines dynamischen Gefüges aneinander gesetzter Kreisfragmente auf. Und Morellet muss gesehen werden, eine Beschreibung von Lichtobjekten bleibt immer nur Makulatur, wird nie sinnliche Oberfläche.
François Morellet | 30.7. | Galerie m Bochum | 0234 439 97
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die Lyrik der Alltäglichkeit
Der Fotograf Claus Goedicke zeitgleich in Bottrop und Bochum – Ruhrkunst 03/17
Die Zukunft scheint weit weg
„Hopes of Paradise“ in der Bochumer galerie m – Ruhrkunst 10/16
Was den Raum füllt
Lucinda Devlin in der Bochumer Galerie m – RuhrKunst 09/15
Wasser wie Beton
Florschuetz in der Bochumer Galerie m
Ordnung des Alltags
Peter Wegner in der Bochumer Galerie m - Ruhrkunst 06/12
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24
Unter unseren Füßen
Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Das bisschen Haushalt …
„Kochen Putzen Sorgen“ im Quadrat Bottrop – Ruhrkunst 12/23