Flächen, deren Konsistenz kaum bestimmt werden können. Gegenstände ohne Raum und haptischen Charakter. Es sind 68 Aufnahmen von Gläsern mit Wasser, die der Fotograf Thomas Florschuetz zurzeit in der Bochumer Galerie m unter dem Titel „Glas/Wasser“ (2012/13) zeigt. Ihnen gegenüber stehen Bilder der in Indien entstandenen Serie Enclosure (TM). Der Künstler, der in den letzten Jahren eher architektonische Motive weltweit suchte, ist erst einmal wieder ins Atelier zurückgekehrt.
Die Aufnahmen lenken den Blick auf ein teilweise mit Eiswürfeln gefülltes Glas. Das Gefäß selbst füllt fast die gesamte Bildfläche. Kondenswasser am Tand, aber auch die unscharfen Konturen des schwimmenden Eises bilden, je nachdem welche Tiefenschärfe eingestellt wurde, neue Konstellationen einer optischen Dreidimensionalität, die, obwohl vom selben Objekt erzeugt, immer wieder neue unterschiedliche Abbilder schafft. 16 kleinformatige Fotos bilden auf der weißen Wand ein Tableau, das selbst wie ein Abbild dieser Dreidimensionalität wirkt. Das Glas reflektiert dazu seine Umgebung, die nicht konkret erlebbar ist, aber in teils farbigen Spiegelungen präsent scheint.
Florschuetz unterläuft nicht nur die gewohnte Seherfahrungen, sondern behauptet so auch eine sonst optisch kaum wahrnehmbare Strukturierung von Realität. Bei seiner Serie „Untitled (K52)“ geht das sogar so weit, dass die Abbilder von gefrorenem und langsam auftauendem Atelierfenster eine eigene Oberfläche generieren, die subjektiv eher an festen Beton als an Flüssigkeit denken lässt. Der ostdeutsche Fotograf, der 1988 nach West-Berlin übersiedelte, verwendet für alle sechs Bilder der Serie denselben Bildausschnitt. Demgegenüber steht die Serie Enclosure (TM, 2010/13). Hauptgegenstand der Betrachtung sind Jali, typisch indische Architekturelemente, die als gitterartige, häufig mit aufwändigen Ornamenten bestückte Bauteile vor allem als Fenster oder Balkonbrüstungen dienen und meist in Tempelbauten und Palästen zu finden sind. Florschuetz hat mit Gegenlicht durch sie hindurch fotografiert, macht das Geschehen auf der anderen Seite wie hinter einem Raster sichtbar. Wie in allen gezeigten Werkgruppen zeigt der Künstler auch hier das Phänomen von subjektiver Objekthaftigkeit.
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