Was ist so faszinierend daran, immer und immer wieder auf einen See zu starren, ihn zu fixieren, zu fotografieren und ihn in mehr oder minder langen Momenten zu konservieren? Nichts. Daraus eine Bildserie über Jahre zu machen, hat fast etwas manisch Magisches. Wer teilt den Blick, wer den Raum, was macht den vollständig, selbst durch Abwesenheit? Ein einfaches Gedankenspiel. Mitnichten. Die Serien der US-Amerikanerin Lucinda Devlin gehören seit Jahrzehnten zu einem objektiven Maßstab, der zeigt, was Fotografie heute kann und wie weit sie auch im digitalen Zeitalter zu gehen vermag.
Neun Arbeiten der Serie „Lake Pictures“ sind in der Bochumer Galerie m zu sehen.Archival Pigment Prints, einen quadratischen Quadratmeter groß, sie zeigen den LakeHuron in Michigan an der Grenze zu Kanada, wo die Foto-Künstlerin ein Haus besitzt. Drei Jahre lang, zwischen 2010 und 2013, fotografierte sie auf die Wasserfläche hinaus, beobachtete die Veränderung. Das Motiv lautet eigentlich Horizont und das Darüber und Darunter. Die Natur schafft ihren eigenen abstrakten Expressionismus, fast ist man versucht an Mark Rothko zu denken. Doch die Systematik aus oft langer Belichtungszeit und dem immer gleichen Standort ist komplizierter als es scheint, dazu erzeugt Devlin durch die genaue Angabe des Aufnahmedatums eine Vergleichbarkeit der extrem unterschiedlichen Bilder, deren Verortung kaum zu glauben ist, wenn man die zehn Minuten im Hinterkopf hat, die gerade einmal zwischen zwei Aufnahmen vergangen sind und die im Grunde zwei völlig unterschiedliche Naturräume zeigen.
Bekannt geworden ist Lucinda Devlin in den 90er Jahren eher mit ziemlich Unnatürlichem. Die Serie „The Omega Suites“ die seit 1991 läuft, zeigt wie sich Klinikräume und Todeszellen gleichen, in ihrer Sterilität und einer merkwürdigen Ästhetik des Schauderns. Auch wenn man sie wohl nicht mehr in Todestrakte hineinlassen wird, bleiben diese Aufnehmen doch immer im Gedächtnis – wenn man sie gesehen hat. Aber auch den seriellenLakeHuron in Michigan an der Grenze zu Kanada sollte man sich nicht entgehen lassen.
Lucinda Devlin: „Lake Pictures“ | bis23.9. | Galerie m, Bochum | 0234 439 97
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